Mehr Moor: Bundesforste starten Rettungsaktion für seltene Sumpf-Piraten
Wenn sich dieser Tage die erste Schneedecke über die Hochmoor-Landschaften des Salzkammergutes legt, ist die vorweihnachtliche Stille dennoch trügerisch. In einer aktuellen Studie, die die Österreichischen Bundesforste (ÖBf) im Rahmen ihrer Initiative zur Revitalisierung gefährdeter Hochmoore im Salzkammergut in Auftrag gaben, wurde nun erstmals der Artenreichtum im Laudachmoor am Grünberg bei Gmunden und im Wildmoos am Mondseeberg (beide OÖ) untersucht. „Moore sind unersetzliche Lebensräume für hochspezialisierte Arten, die dort manchmal schon seit Ende der letzten Eiszeit heimisch sind“, weiß Rudolf Freidhager, Vorstand der Bundesforste, die rund ein Drittel der heimischen Moorflächen schützen und erhalten. Allein in Laudachmoor und Wildmoos konnten etwa 480 Tier-, Pflanzen- und Pilzarten nachgewiesen werden. „Viele von ihnen, wie die Sumpf-Pirat-Spinne oder die Zwerg-Birke zählen dabei zu den letzten ihrer Art“, erklärt Freidhager. Die Studie zur Artenvielfalt ist Teil des groß angelegten Hochmoor-Schutzprogramms der Bundesforste. Nach der Revitalisierung von sechs Hochmooren im Inneren Salzkammergut werden nun auch Laudachmoor und Wildmoos untersucht und mit baulichen Maßnahmen wieder in ihren natürlichen Zustand versetzt. Unterstützung kommt vom Land Oberösterreich und der EU im Rahmen des Programms „Ländliche Entwicklung (2014-2020)“.
Sumpf-Pirat, Jagdspinne, Moorameise und Kleine Moosjungfer
So klingend ihre Namen, so selten sind sie heute jedoch nur mehr anzutreffen. Umso erfreulicher sind die Nachweise des Sumpf-Piraten, einer anspruchsvollen und hochgradig gefährdeten Wolfspinne und der Gerandeten Jagdspinne, des Riesen unter den Achtbeinern. Mit einer Körperlänge von bis zu 22 Millimeter und einer Beinspannweite von bis zu sieben Zentimeter zählt sie zu den größten heimischen Spinnen. Als österreichweit äußerst selten gilt auch die Moorameise, eine Überlebende der letzten Eiszeit. Besondere Funde unter den Käfern sind der Riesen-Pillenkäfer oder der stark gefährdete Hochmoor-Ahlenläufer. Unter den Libellen sticht die Sichtung der seltenen Kleinen Moosjungfer als Highlight hervor. Die stark gefährdete Moor-Birke, die Drachenwurz, besser bekannt als Calla, oder die Kleinfrüchtige Moosbeere gelten als wertvolle Funde in der Pflanzenwelt der Moore.
Zwerg-Birke wiederentdeckt, Moor-Pilz und Moor-Wanze erstmals nachgewiesen
Für eine gelungene Überraschung sorgte die sensationelle Wiederentdeckung der Zwerg-Birke im Laudachmoor, die in Oberösterreich sogar bereits als ausgestorben galt. Von ebenso großer wissenschaftlicher Bedeutung ist der Erstnachweis des Moorgallertbechers. Diese äußerst seltene Pilzart ernährt sich ausschließlich von Torfmoosen und wurde insgesamt erst zweimal vorher in Österreich gesichtet. Ein weiterer Erstfund in OÖ gelang für die Moor-Walzenzikade, deren Wirtspflanze das Scheiden-Wollgras ist.
Moorgallertbecher (Ascocoryne turficola)
Foto: Heinz Forstinger
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Moorameise (Formica picea) auf Sonnentau
Foto: Ökoteam/Christian Komposch
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Piratenspinne (Pirata sp) mit Kokon
Foto: Ökoteam/Christian Komposch
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Zwerg-Birke (Betula nana)
Foto: Revital/Christoph Langer
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Laudachmoor am Grünberg bei Gmunden (OÖ)
Foto: ÖBf-Archiv
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Tausende Insekten, Spinnen, Pflanzen und Pilze untersucht
Mit Bodenfallen, Keschern und Sichtbeobachtungen haben Zoologen, Vegetationsökologen und Mykologen etwa 2.000 Insekten, 1.000 Spinnen sowie unzählige Pflanzen und Pilze in Laudachmoor und Wildmoos wissenschaftlich erfasst und untersucht. Von den knapp 300 so entdeckten Tierarten entfällt der Großteil auf Spinnentiere (100) und Käfer (70). Unter den Insekten wurden weiters rund 50 Wanzenarten, 25 Zikaden-, 20 Schwebfliegen- sowie 14 Ameisen-, 9 Libellen- und 5 Pflanzenwespenarten nachgewiesen. Die Pflanzenvielfalt sticht mit knapp 80 unterschiedlichen Arten hervor. Darüber hinaus konnten rund 100 Pilzarten identifiziert werden.
Wiedervernässung von Laudachmoor und Wildmoos
Weil Teile des Laudachmoors und Wildmooses in den letzten Jahrzehnten bereits zum Torfabbau entwässert wurden, stellen die Bundesforste nun das natürliche Gleichgewicht im Ökosystem weitgehend wieder her. Ziel ist die Anhebung des Wasserhaushaltes, um die Moore vor dem Austrocknen zu bewahren und als Lebensraum für Fauna und Flora zu erhalten. Dazu wurden die Moorflächen aufgelichtet und von zu dicht wachsenden Bergkiefern befreit. Um den Abfluss von Regenwasser zu verlangsamen, werden bis Ende 2019 insgesamt 150 Dämme aus Lärchenholz, sogenannte Spundwände, in das Moor und die Moorrandwälder eingebracht. „Damit steigt der Wasserspiegel an und die wohl wichtigste Pflanze des Moores, das Torfmoos, kann wieder nachwachsen“, erklärt Freidhager.
Moore als Klimaschützer
„Moore spielen in Zeiten des Klimawandels auch als CO2-Speicher eine sehr wichtige Rolle“, betont Freidhager. Ein Hektar intaktes Moor nimmt jährlich rund 1 Tonne CO2 aus der Atmosphäre auf, das ist etwa so viel wie auf einem Flug von Wien nach New York pro Person verbraucht wird. Auch als Wasserspeicher erfüllen Moore eine wichtige Funktion: Sie können wie ein Schwamm große Mengen aufnehmen und so Wetterextreme wie Starkregen abfedern. Doch Moore zählen weltweit zu den am meisten gefährdeten Lebensräumen. Auch hierzulande existieren nur mehr knapp 10 % der einstigen Moorlandschaft. Für den Torfabbau oder um Äcker, Wiesen und Weideflächen zu schaffen sind viele Moore in den letzten Jahrhunderten trockengelegt worden. Die Österreichischen Bundesforste haben ihre insgesamt 474 Moore daher bereits vor Jahrzehnten freiwillig unter Schutz gestellt.
Video: Wasser für das Laudachmoor - Einbau von Spundwänden
Rückfragehinweis:
Österreichische Bundesforste
Andrea Kaltenegger
Unternehmenskommunikation
T +43 (0)2231 600-1521
andrea.kaltenegger [AT] bundesforste [.] at