Abgestorbenes Holz, auch Totholz genannt, ist ein wertvolles Element in unserer Natur.
Für WaldbesucherInnen kann es unästhetisch wirken, abgestorbene Baumreste oder Holzstümpfe beim Spaziergang zu sehen. Spezielle Tier- und Pflanzenarten, wie der Alpenbockkäfer, der Zunderschwamm oder die Rotkopfflechte sind jedoch darauf angewiesen – für sie ist Totholz wertvoller Lebensraum.
Wenn Baumstämme kreuz und quer liegen, Baumstümpfe kahl in der Landschaft stehen, Asthaufen vor sich hin rotten, kann der Wald „unaufgeräumt“ wirken. In früheren Zeiten wurde jedes Stück Holz zum Heizen oder Kochen aus dem Wald geholt. Sogar die Nadeln wurden als Einstreu für Vieh oder die Blätter zum Befüllen von Matratzen genutzt. Aus dieser Zeit stammt unser „Idealbild“ des Waldes.
Der Naturschutz und auch die moderne Forstwirtschaft sehen einen anderen Wald vor: Einen mit verrottendem Totholz, das den Boden mit neuen Nährstoffen versorgt und vielen Arten Lebensgrundlage bietet. Egal ob stehend, liegend, stark zersetzt oder gerade frisch entstanden: Totholz wird in allen Varianten von Pilzen, Moosen, Flechten und Käferarten angenommen. Viele davon haben sich gerade auf diesen Lebensraum spezialisiert.










Die Ergebnisse der im Sommer 2016 durchgeführten Untersuchungen an Totholz wurde dem tätigen Forstpersonal präsentiert. © ÖBf/A.-S. Pirtscher
Im Wald konnten gewisse Pilz-, Flechten- und Käferarten dann selbst gefunden und untersucht werden. © ÖBf/A.-S. Pirtscher
Beim Totholz soll es ein breites Angebot geben, sodass mehrere Arten profitieren. Stehend, liegend und in verschiedenen Zersetzungsstadien in feuchten und beschatteten Bereichen sind die idealen Voraussetzungen für Pilze und Moose. © ÖBf/A.-S. Pirtscher
Flechten sind eine Symbiose aus Algen und Pilz und bei guter Luftqualität überall zu finden. Es gibt viele Arten, die auf das Wachsen auf abgestorbenem Holz spezialisiert sind. © ÖBf/A.-S. Pirtscher
Der Alpenbockkäfer braucht sonnige, abgestorbene Buchenstämme, damit sich seine Eier und Larven entwickeln können. © ÖBf/A.-S. Pirtscher
Im Rahmen des von der EU geförderten LIFE+ Projekts „Ausseerland“ der Österreichischen Bundesforste wurden auf ausgewählten Standorten im Sommer 2016 Untersuchungen im Wald zu Totholz liebenden Arten durchgeführt. Dabei wurden 240 verschiedene Pilzarten festgestellt - bei dreien davon handelt es sich um Erstfunde für die Steiermark und Österreich. 124 Flechtenarten konnten bestätigt werden, auch darunter viele gefährdete bis stark gefährdete Arten. Viele dieser Pilz- und Flechtenarten sind Anzeichen für einen sehr naturnahen Waldzustand. Gerade wenn Totholz in kühlen und feuchten Bereichen belassen wird, fördert das die Artenvielfalt.
Spannend ist, dass der gefährdete Alpenbockkäfer (Rosalia alpina) in mehreren Populationen im Ausseerland lebt. Er ist auf gut besonnte Buchenstämme mit Rindenverletzungen angewiesen, damit sich seine Eier und Larven entwickeln können. Leider passiert es sehr häufig, dass die Weibchen vom Geruch frischer Buchenholzstöße angezogen werden und ihre Eier in den Holzscheiten ablegen. Meistens wird das Holz noch vor dem Schlupf der neuen Käfergeneration verbrannt – eine ökologische Falle, die das Überleben der Art gefährdet.
Durch die Natura 2000 Gebiete „Steirisches Dachsteinplateau“ und „Totes Gebirge“ gibt es in den Schutzgebieten ein gutes Angebot an Totholz. In großen Bereichen dieser Flächen passiert keine aktive Forstwirtschaft mehr – hier wird der Wald sich selbst überlassen. Ansonsten achten die Revierleiter bei der Bewirtschaftung darauf, Totholz in aller Vielfalt im Wald zu belassen. Nur an Wegen und Forststraßen wird aus Sicherheitsgründen und zum Schutz der WaldbesucherInnen auf das Element Totholz verzichtet.